Früher das wichtigste Handelszentrum Europas, heute das Diamantenzentrum der Welt: Antwerpen. Ein Tag in der Rubensstadt ist schon sehr knapp bemessen, aber schauen wir, was wir mit der Zeit alles anfangen können.
Bereits die Ankunft in der Halle des Antwerpener Hauptbahnhofes ist ein Erlebnis, dem Sebald in seinem berühmten Roman Austerlitz ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Sobald wir den eklektischen Bahnhof verlassen, lockt das Diamantenviertel – jeder Diamant der Welt reist einmal durch Antwerpen. Also wandern wir, den Kaffee in der Hand, und können zumindest etwas träumen und Window-Shopping betreiben.
Ein paar echte belgische Fritten zum Mittag bei Frituur Lo und wir finden uns im Rubenshaus wieder – mit vielen Meisterwerken des großen flämischen Künstlers. Verweilen wir aber nicht zu lange, um nicht zu verpassen, was die Modestadt Antwerpen ausmacht. Dazu ist MoMu die erste Adresse mit Avantgarde-Design von lokalen Modeschöpfern. Die Wiedereröffnung des Museums wird vom Stadtfestival mit Workshops und Events unterstützt – machen wir ein Foto mit einem der riesigen Fashion Balls, die überall in der Stadt liegen.
Man lebt nur einmal, also haben wir im Michelin-Restaurant L’épicerie du Cirque einen Tisch reserviert, das nur Menüs auftischt und seine Zutaten von belgischen Herstellern bezieht. Nach vier Gängen wandeln wir Richtung Hafen, wo ein weiterer Diamant strahlt: Das Haus der Hafenverwaltung von Zaha Hadid. Zum Abschluss des Tages etwas Live-Jazz im De Muze – wieso vergeht Zeit eigentlich immer so schnell?
Unser Tag beginnt am Grote Markt, wo wir im Anblick des Belfrieds den Morgenkaffee genießen. Danach lassen sich die 366 Stufen des Turms viel leichter bewältigen. Nach dem Panorama von oben werfen wir einen genaueren Blick auf die Innenstadt, die zum Weltkulturerbe zählt und lassen uns durch die gewundenen Gassen treiben.
Nach einem Lunch bei ‘T walpoortje ist es Zeit für Kunst und Kultur. Wo? Zum Beispiel im neu eröffneten Bruges Meeting and Convention Centre, im historischen Gruuthusemuseum oder beim Spaziergang durch die Stadt, vorbei an Architekturperlen und Street Art. Um die Flämischen Primitiven in Aktion zu sehen, steuern wir das Groeningemuseum an, und betrachten Van Eycks Madonna.
Was ist ein flämisches Dinner ohne Stoofvlees? Ein Dinner mit Garnelen oder Muscheln, da Brügge nicht allzu weit vom Meer liegt. Danach ein Spaziergang durch die beleuchtete Innenstadt – wenn unsere Kamera das mitmacht, einige Fotostopps – und wir beschließen den Tag im Lucifernum, einem ehemaligen Freimaurertempel, der zur Bar umfunktioniert wurde.
Einst die größte Stadt im mittelalterlichen Europa vereint Gent heute den Flair einer gemütlichen Studentenstadt mit Weltambitionen. Als eine der UNESCO Cities of Music darf sie das auch. Doch auch Vegetarier und Kunstliebhaber finden genug für 24+ Stunden.
Nur ein Tag in Gent – fahren wir gleich die großen Geschütze auf, namentlich das SMAK, Stadtmuseum für zeitgenössische Kunst mit Werken von Andy Warhol oder Karel Appel. Lokal verbunden ist das MSK mit Kunst aus Flandern und umliegenden Regionen, von denen uns am meisten die Werke von Bosch oder Rubens fesseln.
Ein Muss ist die St. Bavo-Kathedrale. Auch wenn eine Seitentafel des Genter Altars von van Eyck im 20. Jahrhundert gestohlen wurde, ist das Kunstwerk einen Besuch wert. Würdigen wir auch die gotische Architektur – auf dem Weg zum Korenmarkt sehen wir auch den Belfried und den Turm der St. Nikolaus-Kirche. Der Rest des Nachmittags ist für eine kleine Shoppingtour in Boutiquen, kreativen Schokolatiers und Bibliotheken wie Boekentoren oder De Krook.
Wie wäre es mit einem vegetarischen Dinner? Jeder Donnerstag in Gent ist Veggietag und wird von den hiesigen Restaurants kreativ interpretiert. Zum Tagesabschluss dann ein Konzert: Die City of Music deckt von Oper über Jazz zu Festivals praktisch alles ab, was Klang und Sang hat. Wenn wir im November unterwegs sind, ist das Lichtfestival Gent nicht zu übersehen. 3D-Mapping bedeckt Hausfassaden; Installationen und Lichtkunstwerke rücken die Stadt ins rechte Licht.
Stella Artois, weltbekannt und gern getrunken, kommt aus Leuven, der freundlichen Universitätsstadt an der Dijle. Entdecken wir das Kulturerbe, das über 1000 Jahre zurückreicht und verdienen wir unser abendliches Bier.
Surreal, kafkaesk? Der Bote Leuvens, der uns in der Innenstadt empfängt, ist ein grüner Käfer, aufgespießt von Jan Fabre in seiner Installation Totem. Sehen wir ihn als Glücksbringer – und wirklich, als Architekturliebhaber haben wir Glück. Die Universitätsbibliothek, die Kirche Sint Pieter und natürlich das Rathaus, dessen Fassade mit 236 Statuen geschmückt ist, halten uns lange beschäftigt. Die Universität der Stadt selbst besteht bereits seit 1425.
Um uns zu stärken, müssen wir nur wählen: innovatives Lunch bei EssenCiel, herzhaftes bei Domus oder die rebellische Natur Leuvens bei De Werf? Alles gute Optionen. Zur Verdauung eine Pause im Beginenhof, 10 Minuten zu Fuß, ein Dorf innerhalb der Stadt, direkt am Fluss Dijle. Hier in der Nähe ist auch der Dijlepark, charmant und fotogen – ganz wie Leuven.
Ausgeruht? Gut, denn unser Abendprogramm ist voll. Grund dafür ist das Big Bang Festival, das den Kosmos und seine Entdecker 3 Monate lang bis zum Februar 2022 feiert. Neben Ausstellungen können wir die ein oder andere Vorlesung erwischen, vielleicht zu den Mysterien des Universums oder zu den Interaktionen von Kunst und Wissenschaft. Ein Schoppen am Oude Markt ist der beste Ausklang für einen solchen 5-Sterne-Tag, an der längsten Theke Europas.
Etwas unbekannter, aber ein Juwel nichtsdestotrotz ist Mechelen, das früher einen sehr großen Wohlstand genoss. Paläste, Brauereien, Jugendstilarchitektur – Mechelen hat mehr als genug für einen aufregenden Tag.
Wollen wir bis ganz nach oben? An der Spitze des abgeflachten Turms des St. Rombouts, vom Skywalk, blickt man bis nach Antwerpen und Brüssel. Danach bieten sich die Schätze der St. Johanneskirche an – ihr Altar mit dem Triptychon von Rubens ist nur eines davon. Die Tour durch die Stadt führt vorbei an vielen Palästen, Bürgerhäusern und Villen, die bezeugen, wie reich Mechelen ehemals war.
Es lohnt sich, auf die andere Seite der Dijle zu wechseln, um das Art Nouveau-Kunstwerk im Wintergarten des Ursulineninsituts zu besichtigen – insbesondere die Bleiglasscheiben des Daches. Viele Museen wetteifern um unsere Aufmerksamkeit – Spielzeugmuseum, Technopolis, Kaserne Dossin Museum – aber wir wenden unsere Schritte zur Brauerei von Gouden Carolus, die bei den World Beer Awards den Preis Best Tripel Beer der Welt gewonnen hat.
Eine entspannte Bootsfahrt in den Abend hinein – früher hieß Mechelen Dijlestad und die Bedeutung des Flusses wird noch heute deutlich. Zeit für einen Happen – Burger bei Il Cardinale, belgische Klassiker bei d’Afspraak? Für ein Bier bei D’Hanekeef sollte auf jeden Fall noch Platz sein – wählen wir zwischen 50 Sorten und stoßen auf den Tag an.